Die Begriffe Guthabenkonto, Bürgerkonto oder Jedermann Konto beschreiben inhaltlich die jeweils gleiche Funktion. Es handelt sich um ein Girokonto bei einer Bank oder einer Sparkasse, das auf Guthabenbasis geführt wird. Mit diesem Konto sind Überziehungen und damit die Inanspruchnahme eines Überziehungskredites nicht möglich. In jeder anderen Hinsicht besitzt das Guthabenkonto die gleichen Funktionen wie ein herkömmliches Girokonto und unterliegt auch entsprechenden Sanktionen wie etwa die Möglichkeit einer Pfändung. Hier besteht seit dem 1. Juli 2010 die Möglichkeit das Girokonto, unabhängig davon ob es sich um ein Guthabenkonto oder ein „normales“ Konto handelt, in ein Pfändungsschutzkonto umzuwandeln.
Hohe Kosten für die Banken
Das Bürgerkonto oder Guthabenkonto wurde und wird in Deutschland und ganz Europa kontrovers diskutiert. Vor allem der Bankensektor selbst hatte bisher damit seine Probleme, denn ein Guthabenkonto kostet die Banken und Sparkassen in der Regel mehr, als es ihnen durch Zinsgeschäfte einbringt. Auf der anderen Seite besteht in der heutigen Gesellschaft praktisch für jede Person der Zwang, ein Girokonto zu besitzen, wenn es nicht zu erheblichen Nachteilen im geschäftlichen und sozialen Leben kommen soll. Da wiederum Banken und Sparkassen diese vereinfachenden Wege des Geldverkehrs flächendeckend etablierten und damit andere Zahlungswege ins abseits drängten und dadurch Einkommensschwache und überschuldete Personen unverhältnismäßig benachteiligt wurden, erfolgte in der Bundesrepublik Deutschland zuerst eine Selbstverpflichtung der Banken und Sparkassen, ein Guthabenkonto für Jedermann einzurichten.
Selbstverpflichtung zum Guthabenkonto
Diese 1995 eingegangene Selbstverpflichtung des Zentralen Kreditausschusses der deutschen Kreditwirtschaft war vor allem eine vorbeugende Maßnahme, um ein damals geplantes Gesetz zu diesem Sachverhalt abzuwenden. An der realen Umsetzung scheiterten und scheitern jedoch nicht wenige Personen, da sich in der Selbstverpflichtung der Banken bisher die Praxis einbürgerte, den Kunden das Konto bei einem negativen Schufa-Eintrag zu verweigern, da sich daraus ergeben könnte, das der Kunde die Kontoführungs- und Nutzungsentgelte nicht bezahlen kann.
Da laut der EU-Kommission in Europa rund 58 Millionen Menschen kein Konto besitzen und sich die Selbstverpflichtung der Banken und Sparkassen als zu unsicher zeigte, beschloß das EU-Parlament im April 2014 ein Gesetz, das jede Person, die legal in der EU ansässig ist, ein Basis-Girokonto eröffnen kann, unabhängig von der jeweiligen Nationalität oder dem Wohnsitz. Den EU-Mitgliedsländern wurde nach der Verabschiedung in der nationalen Gesetzgebung 24 Monate Zeit gegeben, das EU-Gesetz in ein nationales Gesetz umzusetzen.
Gesetz tritt 2016 in Kraft
Für Deutschland hätte sich daraus ergeben, das spätestens im September 2016 das Gesetz umzusetzen ist. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums wird das Gesetz voraussichtlich aber schon zu Anfang des Jahres 2016 in Kraft treten. Darin wird unter anderem verankert sein, daß geduldete Flüchtlinge oder wohnsitzlose Personen einen gesetzlichen Anspruch auf die Eröffnung eines Guthabenkontos besitzen. Bei einer Verweigerung droht den jeweiligen Banken der Zwang, das Konto zu eröffnen und ein Bußgeld. Durchgesetzt werden die Maßnahmen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen. Die genaue Ausgestaltung der Konditionen des Guthabenkontos bleibt dabei den Banken selbst überlassen.
Daß es sich bei der betreffenden Gruppe, die ein Guthabenkonto benötigt, keineswegs um eine Randgruppe handelt, zeigt schon die Anzahl der bereits bestehenden Guthabenkonten in Deutschland, die bei über 2 Millionen liegt. Geschätzt etwa 700.000 weitere Personen haben in Deutschland aktuell keinen Zugang zu einem Bank- oder Sparkassenkonto.
Wie sehr sich dies negativ im Alltag auswirkt, kann jeder nachvollziehen, der einmal darüber nachdenkt, was heute alles über das Girokonto abgewickelt wird. Miete, Strom, Gehaltszahlungen oder Transferleistungen des Staates, Überweisungen und Lastschriften sind die wichtigsten Beispiele hierfür. Diesen Geldverkehr heute auf anderem Wege durchzuführen ist teilweise unmöglich oder schwierig und teuer. Dazu kommt der heutige gesellschaftliche Anspruch an die Person, der quasi eine Deklassierung beinhaltet, wenn diese angeben muß, daß sie über kein Konto verfügt.